Wieso aber
macht man eine Kanalreise, noch dazu über den drittengrößten See Europas und mit
einer Passage durch die Ostsee, wenn einem doch allein beim Anblick
einer Fönwelle übel wird?
Einfach
deshalb, weil es wohl eine der schönsten Kanalreisen der Welt überhaupt ist. Außerdem: No risk, no fun. Beim Einchecken in die MS Juno am Kai von Göteborg wurde mir
trotzdem anders, insbesondere nachdem wir unsere Kajüte bezogen hatten. Kajüte hört sich
gut an. Ca. 3 m², genau über dem Motor hinten im Heck gehüllt in einen Hauch
von Schiffsdiesel. Oha!
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Die Kajüte |
Sah auf den
Fotos irgendwie größer aus. Aber clever gemacht und mit viel Messing und bedruckten Tapeten, Milchglasscheiben mit Blumenornamenten, poliertem Teak und schnörkeligen Haken einfach wunderbar nostalgisch. Nach einmal
Durchatmen erliege ich dem Charme des ältesten Passagierschiffs der Welt. Die
große alte Dame des Götakanals, die MS Juno, wird vier Tage lang Bleibe,
Fortbewegungsmittel und kleines Abenteuer sein.
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Göteborg vom Wasser aus |
Tags zuvor hat
es in Strömen geregnet. Als wir an Board kommen, klart es auf. Göteborg lassen
wir in einem Sonne-Wolkenmix zurück und schippern gemächlich durch den
Trollhättan-Kanal. Links und rechts tauchen langsam rote Schwedenhäuser auf,
allesamt mit Bootssteg und viele davon mit Hängematten. Kühe weiden auf
hügeligen Wiesen, Enten suchen schutzsuchend einen Unterschlupf im Schilf, als
wir vorbeituckern.
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Schöner Wohnen am Trollhättan-Kanal |
Man sitzt und
schaut und sitzt und schaut und tut … ansonsten nichts. Natürlich könnte ich
mal aufs Handy gucken oder ein Buch hervorholen oder …
Nein! Nee! Nö!
Oder auf schwedisch: Nej! Nix! Näpp! Nepp!
Nichts davon
ist jetzt angesagt, einfach nur sitzen und die Landschaft an sich vorbeiziehen
lassen. Zwischendurch wird zum stilvollen Lunch oder Dinner geladen. Vielleicht
noch einen Kaffee oder Tee oder Wein oder ein Bier von der Bar auf dem Brückendeck?
Und dann wieder sitzen und schleusen und ein paar Fotos machen und sitzen und
schauen und auf das Flattern der schwedischen Flagge im Heck lauschen.
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An Bord |
Selbst
als der Regen wieder einsetzt, Bindfäden vom Himmel fallen und es kühl und
ungemütlich wird an Deck, sich alle die Anoraks zuknöpfen und sich in Decken wickeln, spüre ich wie die Schultern sich entspannen, die Kiefer sich lockern.
Neben an klingelt jemand mit seinem Löffel eine Melodie in die Kaffeetasse, ein Kormoran
trocknet sein Gefieder unter einem kleinen Baum auf einer Schäre im Kanal und die
Zeit ist einfach mal stehengeblieben.
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God natt och dröm sött - gute Nacht & süße Träume |
Text und Fotos:
©Andrea Steffen